Definition Herstellungskosten

Herstellungskosten entstehen im direkten Herstellungsprozess eines Anlagegutes, das nicht für den Verkauf produziert, sondern selbst verwendet wird. Der Gesetzgeber definiert im §255,2 HGB (Handelsgesetzbuch) genau, welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen. Ein selbst geschaffenes Wirtschaftsgut muss nach HGB den Vermögenswerten eines Unternehmens zufließen. Den Wert ermittelt man aus der Summe der aktivierungsfähigen Herstellungskosten. Diese selbst geschaffenen Wirtschaftsgüter werden über die Nutzungsdauer abgeschrieben.

Berechnung der Herstellungskosten eines Anlagegutes

Die Fragestellung ist, was die genauen Kosten der Produktion eines Wirtschaftsgutes sind. Die direkt zuordenbaren Kostenarten wie Material, Fremdleistungen oder Arbeitslöhne kann man aufgrund der Stückliste und dem Arbeitsplan eines Fertigungsauftrags für ein selbst geschaffenes Wirtschaftsgut entnehmen. Problematisch ist, wie man die richtige Höhe der Gemeinkosten ermittelt.

Diese Kosten sind aktivierungspflichtig

Unternehmen, die eine Bilanz nach Handelsrecht aufstellen, haben für die folgenden Kostenarten eine Pflicht zur Aktivierung:

  • MEK Materialeinzelkosten

Diese Kosten sind direkt dem Wirtschaftsgut zuordenbar.

  • MGK Materialgemeinkosten

Schrauben, Bleche, Schläuche, Profile, Schmierstoffe, Öle, Lacke kann man einem Produkt nicht direkt zuordnen, ebenso wenig manche Bezugskosten oder Zölle. Wenn man für diese Kostenarten besondere Konten in der Finanzbuchhaltung anlegt und eine Kostenstelle führt, ist die Berechnung einfach und der Nachweis sicher.

  • FRL Fremdleistungen

Wenn Komponenten außer Haus bearbeitet werden, entstehen direkt zuordenbare Fremdleistungen. Dies sind beispielsweise Kosten für die Bearbeitung der Oberfläche. Ebenso können dies Kosten für die Entwicklung einer Steuerung oder eines Schaltschrankes sein.

  • FRLGK Fremdleistungs­gemeinkosten

In manchen Unternehmen werden die Fremdleistungen gesondert gesteuert und verwaltet und es entstehen Gemeinkosten. Es ist ebenso möglich, dass man die Materialgemeinkosten auf die Fremdleistungen anwendet. Dann muss man die Bezugsgröße für den Gemeinkostensatz breiter definieren.

  • FL Fertigungslöhne

Man ermittelt die direkten Lohnkosten inklusive den Lohnnebenkosten einer Kostenstelle. Ebenso berechnet man die effektiven Leistungsstunden. Daraus kalkuliert man den Kostensatz für die direkten Fertigungslöhne einer Kostenstelle.

  • FGK Fertigungsgemeinkosten

Dies sind Reparaturen, Instandhaltungen, Energie, Abwasser, Entsorgung, Kleinwerkzeuge, aber auch Fräser, Bohrer, Schleifscheiben, Erodierdraht, Schmierstoffe, Kühlstoffe oder Bäder.

  • Sondereinzelkosten der Fertigung

Wenn man speziell für ein Wirtschaftsgut eine Prüfung oder Abnahme benötigt, entstehen diese Kosten. Auch die Inbetriebnahme oder der Transport zu einem anderen Standort im Unternehmen zählen hierzu.

  • Herstellungskosten

Die Summe dieser Kostenarten muss ein Unternehmen bei der Berechnung der Herstellungskosten eines selbst genutzten Wirtschaftsgutes berücksichtigen.

Bei diesen Kosten haben Unternehmen ein Wahlrecht

Wenn ein Wahlrecht besteht, bedeutet dies, dass die Unternehmen die Kosten aktivieren dürfen. Wenn sie das Wahlrecht angenommen haben, müssen sie dies einheitlich für alle Wirtschaftsgüter gleich anwenden.

  • Zinsen für Fremdkapital, das ein Unternehmen für die Finanzierung der Materialbestände eingesetzt, bezogen auf die Materialeinzelkosten.
  • Ausschuss oder Schwund, bezogen auf die Materialeinzelkosten.
  • Freiwillige Sozialkosten und Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung für die Mitarbeiter der Produktion, ebenso für die weiteren Mitarbeiter.
  • Alle Kosten der Materialverwaltung, insbesondere der Personalkosten, Raumkosten oder Leasing für die Gabelstapler.
  • Alle Kosten der Fertigungsverwaltung und Arbeitsvorbereitung, darunter besonders die Personalkosten.

Die genaue Ermittlung der Kostenarten und die Zuordnung zu einem Wirtschaftsgut ist teilweise sehr aufwändig. Dies stellt kleine und mittlere Unternehmen vor die Aufgabe, einen Betriebsabrechnungsbogen und eine Kostenstellenrechnung zu führen.

Diese Kosten sind nicht aktivierungsfähig

Sonderabschreibungen können nicht aktiviert werden. Ebenso wenig die Zinsen für die Finanzierung des Anlagevermögens. Wenn Unternehmen Kosten für die generelle Forschung und Entwicklung einsetzen, dürfen sie diese nicht in den selbst geschaffenen Wirtschaftsgütern aktivieren. Ebenso ausgeschlossen sind die betrieblichen Steuern.

Alle Kosten eines Unternehmens, die nach dem Herstellungsprozess entstehen, sind nicht aktivierungsfähig. Dies sind zum Beispiel die allgemeinen Vertriebskosten.

Häufig wenden Unternehmen kalkulatorische Kosten in der Kostenrechnung an. Beispiele sind die kalkulatorische Abschreibung oder eine kalkulatorische Miete für ein im Eigentum befindliches Gebäude. Diese Kosten sind nicht aktivierungsfähig.

Anwendung der Herstellungskosten

Handelsrechtliche Bestimmungen

Herstellungskosten beziehen sich auf die Kosten der Produktion, die man also explizit nur für die Herstellung eines selbst geschaffenen Wirtschaftsgutes einsetzt. Das Kalkulationsschema und die Kostenarten sind im Handelsgesetz definiert.

Wenn Unternehmen Anlagen herstellen, die sie selbst für die Fertigung oder für die Vorführung bei Kunden einsetzen, haben sie die Pflicht, die eingesetzten Kosten festzuhalten. Während der Herstellungszeit verbuchen die Unternehmen Bestandsveränderungen für selbst geschaffene Wirtschaftsgüter. Die Materialentnahmen sind in diesem Fall Bestandsminderungen der RHB-Stoffe. Sobald die Anlagen fertiggestellt sind, gehen diese mit den Herstellungskosten in das Anlagevermögen eines Unternehmens ein. Man verbucht diese Zugänge auf Bestandskonten für immaterielle Vermögensgegenstande des Anlagevermögens. Ein weiteres Beispiel ist der Umbau einer Fertigungshalle durch Eigenleistung. In die Gewinn- und Verlustrechnung nach Handelsrecht gehen die selbst geschaffenen Anlagen als andere aktivierte Eigenleistungen ein. Sie bilden die Gegenposition zu dem Aufwand, der für die Herstellung der Anlage entstanden ist.

Die Abschreibung für dieses Anlagevermögen verbucht man auf gesonderten Konten.

Unternehmen weisen in der Handelsbilanz die selbst geschaffenen Wirtschaftsgüter als Vermögensposition auf. Die Herstellungskosten rechnen sie der Gesamtleistung zu, während der Materialbestand durch den Materialeinsatz gemindert wird. Aufgrund der Handelsbilanz ergibt sich ein klareres Bild über die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens.

Steuerrechtliche Bestimmungen

Das Steuerrecht sieht nicht vor, dass Unternehmen den Aufwand für selbst geschaffene Wirtschaftsgüter oder den Zugang zum Anlagevermögen ausweisen dürfen. Daher weichen die Bilanzen nach Steuerrecht und nach Handelsrecht voneinander ab.

Viele KMUs entscheiden sich dafür, nach Handelsrecht und nach Steuerrecht zu bilanzieren. Damit die Steuerung der Werte eindeutig und richtig erfolgen kann, werden in der Finanzbuchhaltung gesonderte Buchungskreise geführt und die gesonderten Konten gebucht.

Anwendungs­beispiele für Herstellungskosten

Ein Maschinenbauunternehmen entwickelt eine neue Pressenreihe mit neuer Steuerung, einem anderen Antrieb und einem kompakten neuen Gehäuse sowie einer speziellen Materialzuführung. Diese Presse wird in Messen, Hausausstellungen und für Vertriebssituationen eingesetzt. Der Aufwand ist erheblich und nicht jedes Jahr notwendig. Der Geschäftsführer des Unternehmens möchte seinen Gesellschaftern und Geschäftspartnern in einer verbindlichen Weise darstellen, welcher Aufwand dafür entstand und wie sich dieser amortisiert.

Ein Bauunternehmen stellt eine neue Lagerhalle her und erneuert die Außenanlage. Dafür setzt das Unternehmen Material und Arbeitskräfte ein. Diese Leistung wird nur dann ersichtlich, wenn die Lagerhalle mit den Herstellkosten bilanziert wird.

Verbuchung der aktivierten Eigenleistungen

Die selbst erstellten Anlagen verbucht man auf Konten im Bereich der Vorräte auf „unfertige selbst geschaffene Anlagen“ oder „Fertigerzeugnisse selbst geschaffene Anlagen“ (vgl. §266 ff HGB). Die Bestandsveränderungen sind die Differenz zwischen Anfangsbestand eines Geschäftsjahres und dem Endbestand, sie erhöhen oder reduzieren die Gesamtleistung.

Auf dem Konto „andere aktivierte Eigenleistungen“ verbucht man die Gegenposition zu den Aufwendungen, die man für die Herstellung der selbst hergestellten Anlagen eingesetzt hat.

Abgrenzung der Herstellungskosten zu den Herstellkosten

Die Herstellungskosten beziehen sich auf die Kosten der Produktion für selbst gefertigte Anlagen. Unternehmer müssen die Regelungen des HGB beachten. Es besteht eine Aktivierungsvorschrift, ein Wahlrecht und ein Aktivierungsverbot. Die Herstellungskosten stehen in Bezug auf die Bilanzierung nach Handelsrecht.

Herstellkosten sind dagegen ein Begriff aus der Kostenrechnung. Solange die Verwendung der internen Leistungsverrechnung, der Kostenrechnung oder der Kalkulation dient, kann jedes Unternehmen für sich entscheiden, welches Schema es anwendet und welche Kostenarten einfließen.

Gratis-Termin vereinbaren

Wir schenken Ihnen eine neutrale Sicht und unterstützende Impulse