Mit Erfahrungswissen meint man im Mittelstand die Erkenntnisse, die man aus der Beobachtung und dem Experiment, also dem Versuch gewinnt. Erfahrungswissen ist für den Mittelstand deshalb wichtig, weil es sich auf konkrete und relevante Zusammenhänge und nicht auf Grundlagen bezieht. Dieses Wissen ist für den Mittelstand mit individuellen Prozessen und Produkten oder Leistungen besonders entscheidend. Für KMU’s ist es eine Herausforderung, dieses Wissen, das in den Köpfen einzelner Schlüsselpersonen besteht, für alle zugänglich zu machen, zu festigen, zu halten und fortlaufend zu aktualisieren.
Das sind die Vorteile von Erfahrungswissen
Das Erfahrungswissen geht über das reine Fachwissen hinaus, denn hier geht es um das Wissen, das sich aus den Erfahrungen, Erinnerungen, Erkenntnisse und Annahmen einer Person oder einer Organisation gebildet hat und das sich durch die Lösung individueller Anforderungen ergeben hat.
Erfahrungswissen bezieht sich als konkret für die betrieblichen Anforderungen und hat daher einen enormen Wert. Erfahrungswissen ist oft auch einzigartig. Dieses Wissen der Mitarbeiter oder der Organisation kann auch einen Vorteil im Wettbewerb ausmachen.
Erfahrungswissen bringt Nachteile mit sich
Erfahrungswissen kann man nur schwer in im Betrieb halten. Wenn ein Mitarbeiter oder ein Team das Unternehmen verlässt, nimmt er das Wissen mit, das er im Laufe seiner Berufstätigkeit aufgebaut hat. Es ist nicht selten so, dass ein Schlüsselmitarbeiter eine Lücke hinterlässt, die man nur schwer schließen kann. Das einzigartige Wissen geht dann verloren. Die anderen Mitarbeiter arbeiten ohne dieses Wissen jedoch weniger produktiv, vielleicht sogar fehlerhaft oder sie können die Aufgaben gar nicht in der geforderten Qualität und Zeit lösen.
Im Mittelstand ist Erfahrungswissen nicht so einfach zu dokumentieren wie reines Fachwissen. Das liegt zum einen an der Komplexität der Aufgabenstellungen und der Randbedingungen. Zum anderen müssen die Mitarbeiter oft erst in die Lage versetzt werden, das Wissen systematisch zu notieren. Mitarbeiter sehen Erfahrungswissen oft auch als ihr geistiges Eigentum an. Daher können sie oft nur schwer dafür geöffnet werden, dieses Wissen schriftlich festzuhalten und weiterzugeben.
Trail and Error- so erwirbt man im Mittelstand Erfahrungswissen
Erfahrungswissen ist wertvoll. Der Weg dahin ist kostenintensiv, denn eine Möglichkeit, um Erfahrungswissen aufzubauen, ist Trail and Error. Dies sind also der Versuch und die Verwerfung einer Annahme bis zur Lösungmethode.
Ein erster Schritt ist, dass eine Bobachtung zu einer Annahme führt. Durch diesen Impuls führt man weitere Beobachtung durch. Man erhält eine vorläufige Bestätigung der Annahme oder man verwirft diese. In Schleifen nähert man sich an, bis ein Lösungsweg gefunden ist.
Der Mittelstand ist durch Termin- und Lösungsdruck getrieben. Das darf nicht dazu führen, dass man auf eine weitere Prüfung durch „schärfere Tests“ und eine Definition der Randbedingungen verzichtet. Das Ziel ist eben, dass man eine belastbare und konkrete Bestätigung der Annahmen erhält oder diese verwirft. Erfahrungswissen muss sich also durch weitere Überprüfungen bewähren.
Tipps aus der Unternehmensberatung
Mit Kommunikation und gezielten Maßnahmen hält man im Mittelstand das Erfahrungswissen aktuell
Übergeordnete Fachteams oder Fachgruppen
Wenn Mitarbeiter unter Moderation die besonderen Aufgabenstellungen und Problemlösungen regelmäßig besprechen, wird das besondere Wissen geteilt. Mitarbeiter können ihre Erfahrungen kurz vor einer Gruppe präsentieren oder sie können verbal vortragen, was sie in der betrieblichen Praxis erfahren und gelernt haben. So fördert man, dass Wissen geteilt wird.
Lessons Learned Workshops
Diese Work Shops sind nicht nur für Projekte sinnvoll. Wenn Mitarbeiter Produkte als Erstmuster herstellen oder in der Vorserie arbeiten, haben sie eine Zeit der intensiven Auseinandersetzung. Es ist enorm wichtig, dieses Wissen den anderen Mitarbeiter vorzutragen, jedoch auch die Erfahrungen aus den gemachten Fehlversuchen.
Wissenskultur und Fehlerkultur fördern
Wenn es zum Standard wird, dass man Erfahrungen und Wissen im Betrieb teilt, wird dies die Mitarbeiter motivieren, sich zu öffnen und selbst beizutragen. Zu einer ehrlichen Wissenskultur gehört unbedingt auch eine Fehlerkultur, denn Erfahrungswissen bildet sich auch erlebten Irrtümern.
Erfahrungswissen in kleinen How-To’s dokumentieren
Weil Erfahrungswissen sich auf konkrete Zusammenhänge mit Randbedingungen bezieht, kann man für diese in einfachen Dokumenten festhalten und zentral ablegen. Verschlagwortungen sind nützlich. Es ist sinnvoll, die formalen Anforderungen gering zu halten. Bewährt hat sich, dass ein Mitarbeiter das Wissen notiert, während ein anderer versucht, die Aufgabenstellung anhand dieser Dokumentation zu bearbeiten. Beginnen Sie also, How-To’s zu schreiben.
Standards bilden
Wer schon einmal in den Werkzeugkoffer eines Monteurs geschaut hat weiß, dass dort oft selbst gefertigte Werkzeuge, Abstandshalter, Schablonen oder ähnliches zu finden sind. Man kann erfragen, wofür diese genutzt werden und in welchen Fällen man damit produktiver arbeiten kann. Diese selbst angefertigten Tools sollten jedoch in einen Standard überführt und jedem Mitarbeiter bereit gestellt werden. Gegenüber dem Kunden macht dies ein professionelles Bild und das Wissen bleibt im Betrieb. Dieses Beispiel kann für viele andere Arbeitsbereiche übertragen werden.
Intuition fördern und zulassen
Der Zugang zu persönlichen Erfahrungen ist oft intuitiv. Mitarbeiter nehmen Gegebenheiten und Randbedingungen wahr und kombinieren. Sie können dabei zu ganz neuen Lösungen kommen.
Dies gilt übrigens auch für Führungskräfte, wenn diese aufgrund ihres Bauchgefühls anders entscheiden, wie sich aus der reinen Faktenlage, also dem Fachwissen, ergeben hätte.
Erfahrungswissen mit Fachwissen aus Weiterbildung konfrontieren
Die gemachten Beobachtungen und Erfahrungen müssen regelmäßig überprüft werden. Ein Weg dazu ist, dass Mitarbeiter sich fachlich weiterbilden und berichten, wie das aktuelle Fachwissen das gestandene Erfahrungswissen beeinflusst.
Erfahrungslernen und Erfahrungswissen, was lernen wir daraus ?
Erfahrungen sind ungeheuer wertvoll. Ob es jedoch gelingt, aus Erfahrungen dauerhaft einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen, hängt vor allem von den Führungskräften ab. Wenn die Kommunikation, die Fehlerkultur und die Wissenskultur förderlich ist, kann man das Wissen im Betrieb halten. Das beflügelt die Mitarbeiter nicht nur, sondern es entsteht ein Prozess der ständigen Entwicklung und des Wachstums.