Die Rückwärtskalkulation im Handel nutzt der Mittelstand, wenn die Fragestellung lautet „Wie berechnet man den maximalen Einkaufspreis„. Wann ist diese Art der Preisfindung für ein Unternehmen das richtige Vorgehen? Wenn der Markt den Preis vorgibt und das Unternehmen vielleicht noch jung am Markt ist, gibt die Rückwärtskalkulation wichtige Informationen, insbesondere wenn die Fragestellung ist, wie berechnet man den maximalen Einkaufspreis. Oder wenn der Markt transparent ist und die Produkte und Leistungen vergleichbar sind. Letztlich geht es doch darum, einen realistischen Verkaufspreis für Angebote zu finden und gleichzeitig sicher zu sein, dass man bei den Angeboten Geld verdienen kann und nicht drauflegen muss.
Was versteht man im Handel unter Rückwärtskalkulation im Handel
Die Rückwärtskalkulation im Handel wendet man überwiegend, jedoch auch in der Industrie an. Man verwendet die Rückwärtsrechnung, wenn der maximale Listenpreis, Angebotspreis oder Verkaufspreis vorgegeben ist und man feststellen möchte, was der höchste Einkaufspreis ist, um noch kostendeckend und mit Gewinn verkaufen zu können. Im Gegensatz zur Vorwärtskalkulation geht man nicht beim Materialeinkauf, sondern vom Verkaufspreis aus. Dann rechnet man alle Kalkulationsschritte rückwärts.
Berechnung und Schema der Rückwärtskalkulation im Handel – wie berechnet man den maximalen Einkaufspreis
Die Rückwärtskalkulation im Handel geht vom Ende der Kalkulation aus, also beispielsweise von Listenpreis, und rechnet dann jede Stufe rückwärts bis zum Listeneinkaufspreis oder Zieleinkaufspreis.
Rückwärtskalkulation im Handel zum Barverkaufspreis
(=) Listenverkaufspreis
Dies ist der Angebotspreis für einen Kunden, der jedoch keine besonderen Konditionen verhandelt hat.
(-) Rabatte der Kunden
Wenn man dem Kunden eigene Einkaufspreise oder Konditionen gewährt, muss man diese einrechnen, ansonsten kalkuliert man mit den Standardkonditionen.
(=) Zielverkaufspreis
Der Zielverkaufspreis bietet dem Kunden keinen Verhandlungsspielraum. Er geht zurück zum Barverkaufspreis, in dem man die Provisionen der Vertreter und den Kundenskonto abzieht.
(-) Provisionen der Vertreter
(-) Kundenskonto
Wenn man für einen bestimmten Markt kalkuliert, kann man mit den dort gültigen Vertreterprovisionen rechnen, ansonsten mit den Standardprovisionen, die das Unternehmen seinen Vertriebspartnern oder Mitarbeitern gewährt. Beim Kundenskonto kann man ebenso nach dem Markt unterscheiden oder mit einem generellen Skontosatz rechnen.
(=) Barverkaufspreis
Bietet man einen Artikel zum Barverkaufspreis an, so muss der Kunde die Ware ohne den Einsatz eines Verkäufers oder Vertreters auswählen und Cash und Carry bezahlen.
(-) Risiko / Gewinn
Risiken aus dem Handelsgeschäft können entstehen, wenn ein Kunde seine Rechnung nicht begleicht, wenn man Restanten oder Schwund im Lager oder auf der Fläche und Diebstahl befürchtet, aber auch das Rückgaberecht stellt ein Risiko dar. Der Gewinn ist in der Regel mit einem höhen Wert kalkuliert, als er sich in der Summe aller Geschäfte einstellt, da auch unbekannte Risiken eintreten können.
Die Rückwärtskalkulation im Handel zum EK Preis
(=) Selbstkostenpreis
(-) Selbstkosten
In dem Selbstkostenpreis sind alle Kosten abgedeckt, die man für die Herstellung, für das Material oder für das Handling hat. Ebenso berücksichtigt sind die Verwaltungskosten und die allgemeinen Kosten für den Vertrieb und das Marketing.
(-) Handlungskosten
Zu den Handlungskosten zählt man im Handel zum Beispiel die eigene Lagerverwaltung und den Einkauf, aber auch die Kommissionierung für den Verkauf.
(=) Bezugspreis
(-) Kosten des Warenbezugs
Wenn die Ware eingekauft wird, entstehen Frachtkosten, Transportversicherungen, Zölle, Lagerkosten im Freihafen oder Verpackung, ebenso Kosten für Container.
Wenn diese Kosten in der Vorwärtskalkulation auf den Bareinkauf aufgeschlagen werden, dann müssen diese in der Rückwärtskalkulation vom Bezugspreis abgezogen werden, um auf den Bareinkaufspreis zu kommen.
(=) EK Preis
Die Rückwärtskalkulation im Handel zum Listeneinkaufspreis
(+) Skonti der Lieferanten
Geht man grundlegend davon aus, dass man die Waren mit Skontoabzug einkauft, so kann man den Skonto des Lieferanten berücksichtigen, ansonsten ist es sicherer, mit dem durchschnittlichen Skontowert zu rechnen, der sich aus der BWA ergibt.
(=) Zieleinkaufspreis
(+) Rabatte der Lieferanten
Hat man beim Lieferanten bereits eigene Rabatte verhandelt, so kann man diese individuellen Werte berücksichtigen. Ansonsten kann man mit einem Durchschnittswert aus der BWA kalkulieren.
Der Zieleinkaufspreis ist die wichtige Größe der Rückwärtskalkulation. Zu diesem Preis muss ein Unternehmer höchstens einkaufen, wenn er seine Kosten decken, einen Gewinn erzielen und am Markt wettbewerbsfähig sein möchte.
(=) Listeneinkaufspreis
Dies ist der Preis, den ein Lieferant anbietet, ohne dass dessen Kunde mit ihm eigene Konditionen verhandelt hat.
Einkaufspreis Definition
Der EK Preis für die Kalkulation ist nicht unbedingt der Preis aus der Preisliste oder aus einem Angebot des Lieferanten. Es kann auch richtig sein, den EK Preis als letzten Einkaufspreis, als gleitenden Durchschnitt, als höchsten Einkaufspreis der zurückliegenden Bestellungen oder den Preis der letzten Bestellung zu hinterlegen. Dies hängt stark vom Produkt und den Vereinbarungen mit den Lieferanten ab.
Anwendung und Rechenschritte der Rückwärtskalkulation im Handel
Die aktuelle Situation am Markt ist für viele Handelsunternehmen nicht einfach, da durch das Internet die Preise bekannt sind. Zudem arbeiten viele Handelsunternehmen mit Pricing Apps und dynamischen Preismodellen, die berücksichtigen, was die Preise der lieferfähigen Wettbewerber, beispielsweise auf Amazon oder anderen Marktplätzen sind. Damit ein Unternehmen sich am Markt behaupten kann, muss es sich auch am Preis des stärksten Mitbewerbers mit der vergleichbaren Ware orientieren. Dazu muss der Artikel sehr genau und sorgfältig kalkuliert werden. Es ist also enorm wichtig, bereits im Vorfeld den maximalen Einkaufspreis zu kennen und diesen in den Einkaufsverhandlungen durchzusetzen. Bereits die geringste Erhöhung des Einkaufspreises führt in der Vorwärtskalkulation zu nicht mehr vertretbaren Verkaufspreisen oder in der Rückwärtskalkulation dazu, dass die Kosten und der Gewinn nicht gedeckt sind. Wenn man jedoch die Rückwärtskalkulation als System richtig versteht und anwendet, kennt man die Grenzen im Einkauf und kann zielorientiert verhandeln.
Systematik der Rückwärtskalkulation im Handel in 2 Beispielschritten
Zwischenschritt 1 vom Zielverkaufspreis zum Barverkaufspreis
Wenn man in der Vorwärtskalkulation den Skonto und die Vertreterprovision auf den Barverkauf aufrechnet, rechnet man in der Rückwärtskalkulation diese Werte heraus. Wenn der Zielverkaufspreis 113 Euro, der Skonto 3% und Provision 10% betragen, geht die Rechnung wie folgt:
113 Euro / (100%+3%+10%)
=> 113 Euro / 113% = 1%
=> 1% x 100% = 100 Euro Barverkaufspreis
Würde man vom Barverkaufspreis den Skonto und die Provision aufrechnen, so wäre die Rechnung:
100 Euro x 13% = 13 Euro.
=> 100 Euro + 13 Euro = 113 Euro Zielverkaufspreis
Zwischenschritt 2 vom Barverkaufspreis zum Selbstkostenpreis
Ausgehend vom Barverkaufspreis rechnet man das Risiko mit 3% und den Gewinn mit 5% heraus. Dies geht wie folgt
100 Euro / (100%+3%+5%)
=> 100 Euro / (108%) = 1%
=>1% x 100% = 95,59 Euro Selbstkostenpreis
Würde man vom Selbstkostenpreis aus den Barverkaufspreis (95,59 Euro) ausrechnen, so würde man 8% aufschlagen
95,59 Euro x 8% = 95,59 x (1,08) = 100 Euro
Diese Rechenschritte werden fortgesetzt, bis der EK Preis oder Bareinkaufspreis beim Lieferanten feststeht.