Pacing ist ein Begriff auf der Neurolinguistischen Programmierung (NLP). Dort sind Vertriebsgespräch und Pacing fast untrennbar verbunden. Pacing entspricht dem Konzept des inhaltlichen Einfühlens von Carl Rogers. Der Grundgedanke ist, dass Menschen sich öffnen, wenn sie auf Bekanntes oder Gleiches treffen. Dagegen verschließen sie sich, wenn sie Unbekanntes, Anderes oder Befremdliches entdecken.
Es ist also naheliegend, dass man nicht Befremden will. Sondern man will sich auf natürliche Weise auf den Gesprächspartner einstellen. Also authentisch und ehrlich sein. Pacing kann im Vertriebsgespräch und in jeder Form der Kommunikation sinnvoll sein. Dies ist so, weil man sich auf die wichtigen Punkte fokussiert. Dies sind Punkte, an denen man Gleichheit, Ähnlichkeit oder zumindest teilweise Übereinstimmung mit dem Anderen hat. Man kann dem Gegenüber auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Verhaltensweisen zeigen, dass man gleich oder ähnlich ist.
Vertriebsgespräch und Pacing – Ein natürlicher Prozess in der Kommunikation
Solche Angleichungsprozesse finden in der gelungenen Kommunikation ganz natürlich statt. Man kann sie in vielen Alltagssituationen beobachten. Zwei Menschen sind im Gespräch vertieft. Beide stützen den Kopf in gleicher Weise auf. Oder sie überschlagen beide die Beine, wenn sie sitzen. Zwei Menschen finden in das gleiche Sprachtempo und die ähnliche Lautstärke. Wechselt der Eine die Beinposition, so folgt der Andere nach.
Was man sich dabei zeigt, ist die Ähnlichkeit oder Übereinstimmung. Die Folge ist, dass die Gesprächspartner sich öffnen und die Kommunikation produktiv verläuft. Wenn die Beiden dagegen in der Kommunikation ständig auf Verhalten treffen, das ihnen nicht eigen, sondern fremd ist, besteht die Gefahr, dass sie sich verschließen. Zumindest müssen sie sich mit der Ungleichheit befassen. Dann sind sie blockiert oder abgelenkt. Insofern ist Pacing ein alltäglicher Prozess in der Kommunikation. Er ist gesprächsfördernd, wenn er unbewusst abläuft.
Was passiert, wenn Pacing nicht natürlich und authentisch, sondern ein aufgesetztes und unehrliches Verhalten ist? Dies merken die am Kontakt Beteiligten sofort. Dann ist das Ziel des Verhaltens offensichtlich. Mein Gegenüber verstellt sich und ist unehrlich. Das Ergebnis ist, dass Menschen sich dann verschließen.
Was bedeutet Pacing im Vertriebsgespräch?
Pacing kann man frei mit „Schritt halten“ oder „sich im gleichen Tempo bewegen“ (to keep the pace) übersetzen. Damit meint man, dass eine Person sich zunächst im Verhalten an seinen Gesprächspartner angleicht. Dies kann man mit der Körperhaltung, der Gestik oder der Mimik erreichen. Menschen schwingen sich aufeinander ein. Dies kann man dann auch im persönlichen Tempo, in der Bewegungsrhythmik oder dem Sprachtempo erkennen.
Auch in den Ebenen der Glaubenssätze und der Werte ist ein Pacing möglich und wichtig. Was vermittelt man dem Anderen? Einem Buchhalter gegenüber drückt man aus, dass man „Genau und Richtig“ so versteht, wie man das im Bezugsrahmen eines Buchhalters eben versteht. Die gleichen Begriffe kann man im Bezugsrahmen eines Prototypenbauers ganz anders verstehen. Für einen Feinmechaniker oder Uhrenmacher ist „genau“ etwas ganz anderes als für einen Industriemechaniker.
Was läuft in der Kommunikation permanent ab? Es sind die Fragen des Gegenübers: „Versteht der Andere mich? Kann ich den Anderen beim Wort nehmen? Sprechen wir vom Selben und meinen auch das Gleiche?“. Sind diese Fragen durch Pacing unterschwellig, aber verständlich geklärt („Ja, ich bin wie Du und verstehe die Welt gleich“)? Dann verläuft ein Gespräch zielgerichtet und produktiv, Im anderen Fall ist das Gespräch blockiert oder eingeschränkt.
Wenn man sich seinem Gesprächspartner angleicht, so kann man das im Verhalten machen. Möglich ist es auch in den Werten. Man kann sich auf den Ebenen der Identität und des Selbstbildes auf den Partner einstellen. Eine Person im Vertrieb ist demnach nicht mehr „Schreibtischmensch“, sondern auch Handwerker, ähnlich wie es sein Kunde ist. Oder er denkt und fühlt in dem Moment wie ein Stylist, so wie sein Kunde, der Friseur. Vielleicht ist der Kunde aber ein vorausschauender und solider Konstrukteur im Maschinenbau, so nimmt der Verkäufer eben dessen „Welt“ ein.
Chancen und Grenzen von Pacing im Verkaufsgespräch
Wer dem Anderen authentisch vermittelt, dass er ganz ähnlich oder gleich ist, schafft Vertrauen. Wenn die Beziehung stabil ist, wird der Andere den Vorschlägen oder Appellen leichter folgen. Zumindest wird er sich gedanklich eher darauf einlassen, vorgeschlagene Lösungen offen zu prüfen.
Wir haben die Grundannahme, dass Menschen emotional und sozial sehr feine Antennen haben. Was passiert also, wenn jemand etwas vorspielt, vortäuscht oder nachäfft? Er wird in der Regel rasch enttarnt. Dann bewirkt er das Gegenteil des Gewünschten. Denn die Türen, die man öffnen will, verschließen sich.
Ethisch und moralisch ist es zumindest sehr fragwürdig, Glaubenssätze, Werte, Identitäten oder Verhalten einzunehmen, wenn man als einziges Ziel die Beeinflussung oder die Täuschung verfolgt. Ist Leading, also das „Führen“ als nächster, gewünschter Schritt im Verkaufsdialog das Anstrebenswerte? Dies muss jeder mit sich selbst ausmachen. Jeder wird die Grenzen des Täuschens und der Beeinflussung kennen lernen.
Menschen im Vertrieb können davon profitieren, wenn sie sich diese Zusammenhänge des Verhaltens und des empathischen Angleichens bewusst machen. Es gibt jedoch auch Herausforderungen. Sie bestehen darin, intuitiv auf den Anderen einzugehen und sich mit einem glaubhaften ICH im Gespräch anzubieten. Coaching und Training können dies leisten.